Zu hart ist auch nicht gut

Nachdem die ersten Ergebnisse mit einem Versuchspanzer vielversprechend waren, wollten wir nun einen ersten "funktionsfähigen" Prototypen bauen. Statt dem sehr feinen Leinen nutzten wir einen deutlich gröberen Stoff, der bei einer Stärke von 16 Lagen einen guten Schutz bieten sollte. Bei der Anzahl der Lagen orientierten wir uns an dem bronzezeitlichen Fragment aus einem mykenischen Schachtgrab. Auf Grundlage der Ergebnisse der bisherigen Tests verwendeten wir eine große Menge an Hasenleim, um die Stofflagen grünlich einweichen zu können. Für das Zuschneiden des Stoffes verwendeten wir dieselben Schablonen wir beim letzten Panzer, dieses Mal berechneten wir allerdings den zusätzlichen Platz für die Pteryges am unteren Rand mit ein. Nach dem Trocken des Panzers sollten am unteren Rand Einschnitte in gleichmäßigen Abständen erfolgen, sodass die von Vasenbildern bekannte Optik entstehen würde.

 

Für das Übertragen der Schablonen auf den Stoff und das Ausschneiden wurden viele Hände benötigt und dauerte länger als erwartet. Das Eintauchen der Stofflagen und das Aufeinanderlegen brauchte hingegen nur wenig Zeit. Unsere Routine machte sich hier bezahlt. Allerdings reichte der Leim leider nicht vollständig aus, da die großen Lagen sehr viel Flüssigkeit aufnahmen. Wir mussten den Klebeprozess daher kurzzeitig unterbrechen, um neuen Leim anzurühren und zu erhitzen.

 

 

Nachdem der Rumpf fertig war, ergab sich ein Problem, mit dem wir nicht gerechnet hatten. Bisher konnten die größere Bahnen verleimten Leinenstoffes problemlos hängend trocknen, indem wir mit Nadel und Faden kleine Schlaufen an den Rand des Stoffes nähten und die Stück an Kleiderbügel, Besenstielen oder Ähnlichem aufhingen. Doch der Rumpfpanzer erwies sich aufgrund des dicken Stoffes als zu schwer, um ihn mit der gleichen Technik aufhängen zu können. Wir befestigten die Schlaufen nur an den Kurzseiten und montierten mittels Lederbändern noch eine zusätzliche Unterstützung in Form eines Sperrholzbrettes.

 

 

Der Leinenpanzer lag in der Mitte auf dem Holz auf, wodurch die Belastung auf die Garnschlaufen an den schmalen Seiten verringert war. Auch nach der Panzer somit zugleich seine Form an, die das anlegen später erleichtern würde.

 

Nachdem der Panzer die üblichen drei Tage trocknen konnte, war das Ergebnis leider nicht wie erhofft. Die Zeit, die wir beim Kleben gebraucht haben, um neuen Leim anzurühren, war offenbar zu lang und die Lagen verbanden sich nicht, wie gewünscht. Auch hatte unsere improvisierte Aufhängung unbeabsichtigte Konsequenzen. Wo der Panzer auf Holzplatte aufgelegen hatten, trockneten die Schichten nicht schnell genug und es bildete sich Schimmel. Dieses Problem hatten wir bereits bei unserem ersten Versuch und konnten es seitdem erfolgreich vermeiden.

 

 

Der Leim hatte zudem die Oberfläche der Holzplatte an den Panzer geklebt und musste mit Gewalt abgelöst werden. Die Lagen des entsprechenden Bereiches waren leider nicht gut miteinander verbunden, sondern hafteten durch die unvollständige Trocknung und den Schimmelbefall kaum aneinander. Der Rest des Panzers war hingegen sehr hart geworden. Die Schutzwirkung des Panzerkörpers war somit sehr hoch, doch leider war er auch so steif geworden, dass man die entstandene Platte unmöglich um den Leib bieten konnte.


 

Dieses Problem betraf auch die Pteryges. Das Kompositmaterial kann nicht so gebogen werden, wie es für eine Nutzung erforderlich ist. Stattdessen neigt das Material bei starker Belastung zum reißen bzw. brechen, wie es auch bei einem Holzbrett geschehen würde. 

 

Diese Ergebnis zeigt uns, dass die Panzer nicht auf diese Weise hergestellt worden sein könnten. Wir haben über mögliche Lösungen nachgedacht und haben unterschiedliche Ideen entwickelt. Man könnte versuchen, den Leim dünner zu mischen und auf diese Weise eventuell die Steifheit zu verringern. Alternativ könnten wir andere Leimsorten ausprobieren, wie beispielsweise Kleber aus Weizenstärke. Diese Idee haben wir einem Hinweis von Prof. Kaja Harter von der Universität Hamburg zu verdanken. Bei einem der nächsten Treffen werden wird sehen, ob dieser Leim bessere Ergebnisse erzielt. Doch wir müssen keinesfalls vollständig auf den Hasenleim verzichten, mit dem sich ja durchaus widerstandsfähige Panzerplatten herstellen lassen. Anstatt den gesamten Panzer zu verleimen, könnte man auch versuchen, nur die besonders gefährdeten Bereich auf Brust und Rücken zu härten und die Seitenbereich auszusparen. Eine solche Konstruktion entspräche aus dem italischen Raum bekannten Pektoralen, jedoch mit einem besseren Schutz für Schultern und Körperflanken.

M.Z.